Zwangsgedanken - Beispiele

Von Martin Niebuhr und Burkhard Ciupka-Schön


Zwangsgedanken sind sehr vielfältig - aber manche Zwangsgedanken treten häufiger auf als andere. In diesem Artikel findest du 100 Beispiele für häufige Zwangsgedanken.

Zwangsgedanken sind störende Gedanken, Vorstellungen, Bilder, oder Impulse, die starke unangenehme Emotionen auslösen. Sie drängen sich dir wiederholt gegen deinen Willen auf, du hast Schwierigkeiten, sie loszuwerden, und sie halten auch länger an.

Zwangsgedanken sind sehr vielfältig und ihnen sind in Form und Inhalt keine Grenzen gesetzt. Daher haben unsere Beispiel-Listen keinen Anspruch auf Vollständigkeit - aber sie beinhalten typische Zwangsgedanken, die bei Betroffenen sehr häufig auftreten.

Im Umkehrschluss heißt das jedoch nicht, dass jeder der untenstehenden Inhalte zwangsläufig ein Zwangsgedanke ist. Es handelt sich nur um einen Zwangsgedanken, wenn du ihn als störend, lästig, ungewollt oder sinnlos erlebst, du ihn versuchst, zu ignorieren, zu unterdrücken oder loszuwerden und wenn dich der Zwangsgedanke in deinem täglichen Leben beeinträchtigt.

Aggressive Zwangsgedanken

  • Aktiv anderen Menschen Schaden zufügen (verletzten, ermorden, vergiften, mit den Auto anfahren, bestehlen, betrügen etc.)
  • Verrückt werden, über sich die Kontrolle verlieren oder auf Basis von unkontrollierbaren Impulsen sich selbst oder anderen Menschen Schaden zufügen
  • Befürchtung, sich selbst umzubringen oder schwer zu verletzen
  • Obszöne Gedanken, Blasphemien, Flüche oder Beleidigungen laut von sich geben
  • Obszöne oder peinliche Gesten machen
  • Sich asozial in der Öffentlichkeit verhalten
  • Gewalttätige oder abstoßende Fantasien, Bilder, Gedanken oder Worte
  • Jemanden in der Vergangenheit verletzt, beleidigt oder gekränkt haben
  • Eine geliebte Person zurückweisen, sich von ihr trennen oder ihr untreu sein
  • Den Wunsch haben, dass anderen Menschen Schaden zugefügt wird

Sexuelle Zwangsgedanken

  • Verbotene oder perverse sexuelle Gedanken, Fantasien, Bilder und Impulse
  • Pädophil sein oder verbotene pädophile Handlungen vollziehen
  • Sonstige unübliche sexuelle Handlungen (bspw. mit Tieren, toten Menschen, Objekten, etc.)
  • Sexuellen Handlungen mit Familienmitgliedern
  • Sexuelle Handlungen mit Gottheiten oder Heiligen
  • Andere Menschen sexuell belästigen
  • Zweifel, ob man andere Menschen vergewaltigt, sexuell belästigt oder misshandelt hat
  • Zweifel, ob man selbst sexuell vergewaltigt, belästigt oder misshandelt wurde
  • Zweifel an der eigenen sexuellen Identität (bspw. Zweifel daran, ob man wirklich heterosexuell ist)
  • Homosexuelle Handlungen
  • Zweifel am eigenen Geschlecht
  • Nacktheit

Zwangsgedanken in Bezug auf Kontamination

  • Kontakt mit Keimen, Bakterien oder Viren (bspw. Corona, HIV, Hepatitis)
  • Übertragung von Infektionen und Krankheiten auf sich oder andere Menschen
  • Übertragung von Substanzen, die in Zukunft schwere Krankheiten auslösen könnten (bspw. Krebs)
  • Kontakt mit Körperflüssigkeiten und Exkrementen (z.B. Sperma, Urin, Kot, Speichel, Lubrikation) von Menschen oder Tieren
  • Tiere, Insekten und Parasiten (bspw. Fuchsbandwurm, Zecken, Spinnen…)
  • Kontakt mit toxischen Abfällen und giftigen Substanzen wie Asbest, Batterien oder strahlende Abfälle
  • Kontakt mit Schmutz, Dreck, Fetten, klebrigen Substanzen, Müll oder Müllcontainern
  • Möglicherweise verunreinigte Lebensmittel
  • Kontakt mit Haushaltschemikalien (bspw. Reinigungsmitteln, Lösungsmittel, Insektenschutzmittel)
  • Elektromagnetische (Handy-)Strahlung
  • Autoabgase oder andere giftige Gase
  • Öffentlich geteilte Güter wie Toiletten, Türen und Einkaufswagen
  • Kontakt mit Tastaturen und Handys
  • Medikamente
  • Arztpraxen und Krankenhäuser
  • Kontaminierte Substanzen, die unendlich und unkontrolliert ausgebreitet werden und für immer an Dingen haften bleiben
  • Bestimmte Menschengruppen (bspw. Kranke oder Behinderte)
  • Menschen, Orte oder Dinge, die als schmutzig, emotional versucht, moralisch verdorben oder "falsch" wahrgenommen werden
  • Verseuchung durch eigene ("böse") Gedanken, bestimmte Erinnerungen, Worte, Zahlen oder Farben

Zwangsgedanken in Bezug auf Schaden, Gefahr, Verlust und Peinlichkeit

  • Einen Unfall oder eine Katastrophe durch die eigene Nachlässigkeit verursachen (z.B. Brand, Autounfall, Unfallflucht, Einbruch, Stromschlag durch fehlerhafte Installationen, Überschwemmungen durch nicht sorgfältig zugedrehte Wasserhähne, Datendiebstahl, Hackerangriffen im Internet, etc.)
  • Selbst in einem Unfall verwickelt sein oder verletzt werden
  • Andere sind in einem Unfall verwickelt oder werden verletzt
  • Durch Nachlässigkeit oder unbeabsichtigen Kontrollverlust sich selbst oder anderen Schaden zufügen
  • Anderen oder sich selbst durch die eigenen Gedanken Schaden zufügen
  • Zweifel, ob man anderen in der Vergangenheit Schaden zugefügt hat
  • Schaden, Diebstahl oder Verlust von Eigentum
  • Selbst zurückgewiesen, betrogen oder ausgenutzt werden
  • Jemanden anders zurückgewiesen, betrogen oder ausgenutzt haben
  • Die eigenen kognitive Fähigkeiten verlieren
  • Informationen vergessen (Erinnerungen, Fakten, Termine, …)
  • Niemals im Leben glücklich werden oder das zu bekommen, was man will
  • In einer unglücklichen Beziehung / mit dem falschen Partner feststecken
  • Zweifel an den Qualitäten des eigenen Partners
  • Sterblichkeit von dir selbst oder geliebten Menschen
  • Zweifel, ob deine Kinder deine eigenen sind
  • Von anderen kritisch begutachtet werden
  • Befürchtungen, etwas Peinliches zu tun
  • Die Zwangserkrankung (oder eine andere psychische Erkrankung) gelangt an die Öffentlichkeit
  • Sein Leben lang unter einer Zwangsstörung oder anderen psychichischen Erkrankung leiden
  • Statt unter einer Zwangserkrankung an anderen psychischen Erkrankungen (etwa Schizophrenie) leiden
  • Sich fragen, ob Dinge real sind, ob man verrückt wird, oder ob wir in einer Simulation leben

Abergläubische und magische Zwangsgedanken

  • Abergläubische Befürchtungen (in Bezug auf sich selbst oder andere)
  • Glücks- oder Unglückszahlen (bspw. 13, 666 oder Vielfache dieser Zahlen)
  • Glücks- oder Unglücksfarben (bspw. Schwarz oder Rot)
  • Glücks- oder Unglücksobjekte (bspw. Kette oder Ring, schwarze Katze)
  • Bestimmte Worte, Namen oder Bilder, die Unglück bringen (bspw. Teufel oder Hölle)
  • Die Vorstellung, schlimme Ereignisse könnten geschehen, wenn man von ihnen denkt, spricht oder hört
  • Bestimmte Handlungen oder Verhaltensweisen bringen Glück oder Unglück
  • Orte, Dinge oder Menschen, die mit Unglück assoziiert werden, dürfen nicht angefasst/besucht werden
  • Bestimmte Handlungen bringen Unglück, wenn sie nicht eine genaue Anzahl ausgeführt werden (bspw. genau drei Mal durch die Tür gehen)
  • Etwas bringt Pech oder Unglück, wenn es schief oder falsch steht (bspw. ein Handtuch ist nicht sauber gefaltet oder etwas passt nicht zu der Zahl Drei)
  • Das Tragen eines „falschen“ Kleidungsstücks bringt Unglück

Religiöse Zwangsgedanken und solche, die ein schlechtes Gewissen auslösen

  • Blasphemischen Gedanken, weil alleine die Gedanken vor Gott Sünde sind
  • Verstöße gegen Recht und Gesetz, Regeln der Moral oder göttliche Gebote
  • Zweifel, ob man in der Vergangenheit gegen Recht und Gesetz, Regeln der Moral oder göttliche Gebote verstoßen haben könnte
  • In der Vergangenheit tatsächlich gegen Recht und Gesetz, Regeln der Moral oder göttliche Gebote verstoßen haben
  • Zweifel, ob man ein moralisch guter Mensch oder guter Christ, Moslem etc. ist
  • Zweifel am eigenen Glauben
  • Der Gedanke, man könnte besessen sein
  • Gotteslästerung begehen
  • Den eigenen Glauben fehlerfrei leben

Perfektionistische Zwangsgedanken

  • Zweifel, ob man sich ganz eindeutig, verständlich und korrekt ausgedrückt hat
  • Zweifel, ob man perfekt verstanden hat, was andere gesagt haben
  • Perfekt und eindeutig verstehen, was man gelesen hat
  • Zweifel, ob man vollständig und perfekt die Wahrheit erzählt hat
  • Alles über ein spezielles Thema wissen und verstehen wollen
  • Handlungen perfekt ausführen oder Gedanken perfekt denken wollen
  • Perfekt aussehen wollen
  • Der Wunsch, dass Kleidung perfekt ansitzen muss
  • Der Wunsch, die eigenen Dinge in perfekter Ordnung zu haben
  • Das Zuhause perfekt und makellos herrichten wollen
  • Alle Dinge symmetrisch und/oder ordentlich anordnen, damit es sich "richtig" anfühlt

Belastende Zwangsgedanken mit neutralen Inhalte

  • Sich aufdrängende bedeutungslose oder unsinnige Geräusche, Worte, Musik, Bilder oder Zahlenfolgen
  • Sich aufgrängende Fragen, die unwichtig sind oder für die es keine Antwort gibt
  • Übertriebene Aufmerksamkeitsrichtung auf eigene gedankliche Prozesse
  • Übertriebene Aufmerksamkeitsrichtung auf Dinge in der Umgebung (Geräusche, Farben, Objekte, Menschen, etc.)
  • Übertriebene Aufmerksamkeitsrichtung auf normale Körperfunktionen (Atmung, Herzschlag, Blinzeln, etc.)
  • Übertriebene Aufmerksamkeitsrichtung auf nicht-normale Körperfunktionen (Schmerzen, Tinnitus, etc.)
  • Übertriebene Aufmerksamkeitsrichtung auf Bewegungsabläufe (bspw. beim Gehen)

 

Diese Listen wurden von folgenden Büchern inspiriert: Zwänge bewältigen: Ein Mutmachbuch*, Freedom from Obsessive-Compulsive Disorder* und Therapie-Tools Zwangsstörungen*. Sie eignen sich nicht zur Selbstdiagnose. Bitte suche einen spezialisierten Psychotherapeuten für eine Diagnose auf.

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Zwangsgedanken überwinden

Der Goldstandard für die Behandlung von Zwangsstörungen (und damit Zwangsgedanken) ist die kognitive Verhaltenstherapie einschließlich Expositionen und Reaktionsverhinderung. Erfahre mehr in unserer Einführungs-Serie über Zwänge und wie man sie mit wissenschaftlich bewiesenen Strategien nachhaltig überwindet.

Klicke hier, für unsere Übersicht von 100 häufigen Zwangshandlungen.

Über die Autoren
Martin Niebuhr

Martin hat OCD Land gegründet, damit sich Betroffene einer Zwangsstörung endlich auch im Internet über effektive und wissenschaftlich fundierte Behandlungsverfahren informieren und auszutauschen können. Er ist Entwickler der OCD Land-Webseite, Host des Zwanglos-Podcasts, Autor auf dem OCD Land-Blog und Moderator im Community-Forum.

Burkhard Ciupka-Schön

Burkhard Ciupka-Schön ist Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen und war von 1995 bis Ende 2000 deren Geschäftsführer. Er ist psychologischer Psychotherapeut und Ambulanzleiter in eigener Praxis. Als Dozent und Supervisor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf bildet er angehende Psychotherapeuten aus. Sein Therapie- und Lehrfokus sind Zwangserkrankungen. Burkhard Ciupka-Schön ist Autor des Buches Zwänge bewältigen - Ein Mutmachbuch*.